Der Tag an dem sich alles änderte (Unfall+Intensivstation)
- pascaltrampe01
- 11. Juli 2021
- 4 Min. Lesezeit
Heute vor einem Jahr hat sich mein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Heute vor einem Jahr war der Unfall, der zufolge hatte, dass ich vermutlich nie wieder laufen kann. Aber was ist überhaupt passiert? Ich war bei dem Geburtstag von Marvin, einem guten Freund, der seinen Geburtstag nachträglich feiern wollte. Es war wirklich ein schöner Abend, alle waren gut drauf und alle hatten Spaß. Auf einmal entschieden wir uns zu den Teichen zu gehen, ich weiß überhaupt nicht mehr weshalb. Es gab dort einen Teich zum Baden und einen kleinen für Fische. Ich hab mich bei dem kleinen Teich hingestellt und dann ist es irgendwie passiert. Ich weiß nicht mehr wie es passiert ist aber ich bin weggerutscht und Kopfüber in den Teich gefallen. Ich hab es noch ganz genau vor Augen wie ich hinein gestürzt bin und wie Dumpf der Aufprall war. Ich hatte keine Schmerzen und ich konnte mich plötzlich nicht mehr bewegen. Natürlich ging dann die Panik los und jede Sekunde fühlte sich wie eine Stunde an. Ich hab unfassbares Glück gehabt, dass meine Freunde so schnell geschalten haben und mich wieder übers Wasser geholt haben damit ich nicht ertrinke. Das Wasser war sehr kalt und daraufhin zogen sie mich aus dem Wasser und legten mich ins trockene.. Ab da ist dann alles weg. Ich wurde dann mit einem Hubschrauber in das Unfallkrankenhaus Berlin geflogen, wo ich Notoperiert werden musste. Aus Erzählungen weiß ich, dass die OP wohl 8 Stunden gedauert haben soll. In der Zwischenzeit wurden meine Eltern informiert. Ich kann und will mir gar nicht vorstellen was sich bei Ihnen im Kopf abgespielt haben muss. Gleiches gilt für meine Freunde die alles Live gesehen haben aber trotzdem einen kühlen Kopf bewahrt haben. Nach der OP wurde ich in ein künstliches Koma versetzt und 2 Tage nach der OP wurde ich noch ein zweites Mal operiert. Ich war eine Woche im Koma und das war die Hölle. Ich hab Dinge geträumt, die waren jenseits von Gut und Böse. In der Woche hatte ich auch einen Herzstillstand den ich glaube auch unterbewusst mitbekommen habe. Man sagt ja, dass man vor dem Ende sein Leben an sich vorbei ziehen sieht und das war bei mir der Fall. Ich habe viele schöne Dinge aus meiner Vergangenheit noch einmal gesehen für Bruchteile von Sekunden. Irgendwie hab ich gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt. Aber auf einmal waren die Rückblenden weg und die Alpträume gingen wieder los. Nach einer Woche wurde ich dann aus dem Koma geholt. Das erste was ich gesehen habe war ein Arzt, der mir ein paar Fragen gestellt hat. Während er mir die Fragen gestellt hat, habe ich bemerkt, dass ich gar nicht reden kann wegen des Beatmungsschlauches und das war extrem nervig, weil ich selber so viele Fragen hatte. In dem Gespräch mit dem Arzt wurde mir gesagt, dass eine Woche vergangen sei aber die Zeit im Koma hat sich wie eine normale Nacht angefühlt. Nach dem Gespräch hab ich meine Eltern zum ersten Mal wieder gesehen. Sie haben probiert nach außen hin stark zu wirken aber man hat gesehen wie stark sie gelitten haben. Ich hab mich natürlich sehr gefreut sie zu sehen und sie brachten enorm viele Genesungswünsche von Freunden und Bekannten mit über die ich mich auch sehr gefreut habe. Ab da kamen meine Eltern jeden Tag mit Sprachnachrichten ins Krankenhaus wo meine Freunde mir immer von ihrem Tag und ihren Ergebnissen erzählten. Das hat mir die Zeit auf der Intensivstation extrem erleichtert. Ich weiß noch als Papa mir eine Sprachnachricht von meinem Kumpel Justin vorgespielt hat. In der Nachricht hat er so viel quatsch erzählt und er war der erste, der mich wieder zum lächeln brachte. Mama und Papa haben sich über mein Lächeln so sehr gefreut, dass sie Tränen in den Augen hatten. Die Zeit auf der Intensivstation war größtenteils langweilig aber trotzdem auch von den ersten Erfolgen gekrönt. Das erste große Erfolgserlebnis hatte ich, als ich wieder angefangen hab mit meinen Schultern zu zucken. Ich weiß noch wie sehr ich mich darauf gefreut habe, meinen Eltern zu zeigen was ich kann und als sie das gesehen haben, kamen wieder die nächsten Tränen . Ab da ging es immer weiter aufwärts. Ich wurde sehr schnell von der Beatmung entwöhnt, da haben selbst die Ärzte gestaunt, weil das ungewöhnlich schnell ging. Dann durfte ich allmählich wieder trinken und essen und habe ein Ventil bekommen, welches mir das Sprechen wieder ermöglicht hat. Was noch wichtig zu erwähnen ist, ist das Gespräch mit dem stellvertretenden Chefarzt. In diesem Gespräch hat er mir die genaue Diagnose gesagt und wie so die Chancen auf Heilung stehen. Die Diagnose lautet : komplette Querschnittlähmung auf Höhe C4. Das bedeutet, dass mein Körper ab Halsabwärts gelähmt ist. Der Arzt sagte mir damals auch ehrlich, dass ich mir keine großen Hoffnungen mehr auf laufen und Armfunktionen machen brauche. Aber das sind nur Erfahrungswerte, die er über die Jahre gesammelt hat. Jeder Querschnitt ist unterschiedlich und damit auch der Verlauf der Heilung, das heißt, dass noch alles möglich ist, aber man trotzdem realistisch bleiben muss. Um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, habe ich an einer Studie teilgenommen. Bei dieser Studie handelt es sich um eine Blindstudie. Das bedeutet, dass ich entweder das Medikament injiziert bekomme oder ein Placebo. Bei dem Medikament handelt es sich um ein Medikament, welches die kaputten Nerven wieder zusammen heilen soll. Es ist ein Antikörper das die Proteine, die sich am verletzen Rückenmark angesiedelt haben zerstören soll und die Heilung ermöglichen soll. Meine Eltern und ich haben gar nicht lange überlegt und zugesagt. Die Studie enthielt 6 Spritzen über einen bestimmten Zeitraum und diverse Nachuntersuchungen innerhalb eines halben Jahres. Nach dem die Studie langsam angelaufen war, wurde ich auf eine normale Station verlegt und wie es dort weiterging erzähle ich morgen. Was ich aber schonmal festhalten muss ist, dass ich für die Unterstützung meiner Freunde und meiner Familie extrem dankbar bin. Ich wüsste nicht was ich ohne sie machen soll.
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